Historie
Wie alles begann!
Zum 50-jährigen Bestehen der Firma Wilhelm und Rainer Brökelschen
Mehr als eine Firmenchronik
Es begann nach dem Krieg, als unser Vater, Wilhelm Brökelschen, am 14. Oktober 1945 aus dem Lazarett nach Hause zu Frau und Tochter entlassen wird. Die Verwundung ist zwar noch nicht ausgeheilt, aber die Familie muß ernährt werden. Das sieht Meister Karl Keßler in Saarn auch ein, so daß er seinen Neffen Wilhelm als Klempner und Installateur wieder einstellt.
Schon 1946 nimmt unser Vater die durch den Krieg unterbrochenen Vorbereitungen
für die Meisterprüfung wieder auf und belegt zwei Jahre lang Abendkurse
in Duisburg. Das klingt so einfach! Doch was bedeutet das in der Nachkriegszeit?
In aller Frühe mit dem Fahrrad von Speldorf nach Saarn zur Kölner
Straße, die Woche hatte ca. 50 Arbeitsstunden, abends nach Hause hasten,
einen Trittbrettplatz in der Straßenbahn erkämpfen, bis 22.00 Uhr
Abendschule, nachts und sonntags lernen. Kein Einzelschicksal in der Nachkriegszeit!
Am 13.10.1948 dann der Meisterbrief! - Der Lohn für entbehrungsreiche
Jahre. Das Meisterstück wird in Ehren gehalten - eine Turmspitze aus
Zinn!
Die mageren Zeiten halten an. Wilhelm Brökelschen möchte nun seinen
eigenen Betrieb gründen, dafür braucht man Geld und das ist knapp.
Die Währungsreform bescherte damals jedem 40 DM.
Ein halbes Jahr lang wird eisern gespart, dann ist es so weit. Am 18. Juli 1949 wird die eigene Firma gegründet ein Gas- und Wasserinstallationsbetrieb. Heizungs- und Lüftungsbau kamen später dazu.
Der Anfang war äußerst bescheiden! Wir bewohnten im Haus der Großeltern
mütterlicherseits in der Hansastraße 14b zwei kleine Zimmer (Schlafzimmer
und Wohnküche mit Wasseranschluß auf dem Flur). Für die Werkstatt
fand sich auf dem väterlichen Grundstück in Saarn am Schneisberg
36 ein Platz.
Das bedeutete, weiterhin jeden Tag mit dem Fahrrad zwischen Speldorf und Saarn
unterwegs zu sein. Und es war immer noch dasselbe Rad: ohne Federung, aber
mit Karbidlampe. Das Werkzeug wurde in der Tasche auf dem Fahrrad mitgeführt.
Das Material wurde gleich zum Kunden geliefert.
Aufträge gab es genug, schließlich hatte der Krieg viel zerstört, was nun auf Reparatur und Erneuerung wartete. Nur die Zahlungsmoral der Kunden ließ damals schon zu wünschen übrig, und so wurden neben den Rechnungen schon fleißig Mahnungen geschrieben. Zeitweise mußten wir säumige Zahler persönlich erinnern, denn wir waren auf jede Mark angewiesen.
Bei den unausweichlichen Büroarbeiten half unser Onkel, Heinz List. Nach und nach füllten sich einige Aktenordner. Wohin damit? Für eine winzige freie Ecke in der Wohnküche wurde ein kleiner Schrank maßgeschreinert. Das war unser erstes Büro. Irgendwie gelang uns dann auch der Erwerb eines Telefonanschlusses, eine Kostbarkeit damals.
Als unser Vater einen guten Auftrag erhielt, konnte er einen Lehrling einstellen; es ging aufwärts.
1951, am 25. Juli, wurde Rainer, der Stammhalter, geboren. Wilhelm Brökelschen war glücklich, konnte er doch nun hoffen, daß er den Betrieb nicht nur für eine Generation aufbaut.
Aber jetzt mußte eine größere Wohnung her, ein aussichtsloses
Unterfangen in einer Zeit, in der zuerst die Ausgebombten und Flüchtlinge
mit Wohnungen versorgt wurden. 1953 bekamen wir von unserem Nachbarn ein baufälliges
Haus zur Reparatur und Miete angeboten. Es war ein Haus in vertrauter Umgebung,
mit kleiner Werkstatt im Hof und zu einem günstigen Mietpreis. Unsere
Eltern griffen freudig zu und sicherten sich das Haus gleich auf dreißig
Jahre. Mit großer Ausdauer, unermüdlichem Fleiß und handwerklichem
Geschick entstand aus einer „Bruchbude" ein gemütliches Heim,
in der Hansastraße 14a.
Das Geschäft läuft von nun an in geordneten Bahnen, die Auftragslage
ist gesichert, Lehrlinge werden eingestellt, Onkel Heinz tippt weiterhin die
Rechnungen (und addiert Zahlenkolonnen mit verblüffender Geschwindigkeit,
so daß die mechanische Rechenmaschine dagegen vor Neid erblaßte).
Und unser Vater beehrt seine Kundschaft immer noch mit dem Fahrrad. Das muß
sich ändern! Wer vergibt schon größere Aufträge an einen
radelnden Unternehmer, und das in der Zeit des erwachenden Wirtschaftswunders?
Das erste Auto ist ein grauer „Buckelford”, nicht neu sondern
sehr gebraucht, dafür erschwinglich. Wochentags macht der Beifahrersitz
dem Werkzeugkasten Platz. Sonntags wird er gelegentlich wieder eingebaut,
dann darf die Familie spazieren fahren, das neue Freizeitvergnügen der
Nachkriegszeit.
Damals machte man noch Betriebsausflüge am 1 Mai. Das sah dann so aus:
Unsere vierköpfige Familie, Tante und Onkel und die fünf Belegschaftsmitglieder
quetschten sich in zwei Autos und fuhren nach Holland. Einmal hatten wir uns
verfahren. Wir gelangten kurz vor Schließung um 22.00 Uhr an einen kleinen
Grenzübergang. Das war verdächtig - und wir wurden prompt durchsucht.
Volltreffer!
Unser Lehrling hatte Kaffee für die gesamte Familie besorgt. Das Auto
sollte beschlagnahmt werden, und wir hatten große Mühe, den Zöllner
von unserer Ahnungslosigkeit zu überzeugen.
An die Handtasche unserer Mutter mit der Bluse darin dachte keiner, der Zöllner
zum Glück auch nicht. Es war nie langweilig.
Vertreter gaben sich die Klinke in die Hand. Auch sie versuchten nach dem
Krieg, sich eine Existenz aufzubauen. Ein besonders hartnäckiger Vertreter
dieser Spezies war Josef aus Bayern, der in eigener Regie Werkzeug aller Art
verkaufte. Josef war ein kauziger Junggeselle und immer hungrig. Er kam stets
nachmittags zur Kaffeezeit, darauf spekulierend, etwas angeboten zu bekommen.
Wir schafften es kaum, ihn auszutricksen, Josef hatte Zeit, viel zu erzählen
- und irgendwann mußte doch der Tisch gedeckt werden - spätestens
zum Abendbrot. Er ging selten ohne Auftrag und ließ uns zurück
mit den neuesten Informationen über sein Privatleben. Später stellte
er uns seine Familie vor.
Damals war der Freitag ein besonderer Tag, nicht nur, weil abends das Wochenende
begann, nachdem der arbeitsfreie Samstag erkämpft war. Nein, damals gab
es am frühen Freitagabend den Wochenlohn - bar auf die Hand. Dann drängten
sich Gesellen und Lehrlinge in das kleine Büro, das uns zeitweise als
Eßzimmer diente, es wurde erzählt und gelacht und manchmal fragte
unsere Mutter scherzend: „Jungs, müßt ihr eigentlich gar nicht
nach Hause?" Ernst wurde es nur, wenn die Wochenzettel überprüft
wurden. Wie oft hat unser Vater gedroht: „Wenn wieder der Wochenzettel
fehlt, gibt es keinen Lohn!"
Er hat es meines Wissens nie übers Herz gebracht, einen Mitarbeiter ohne
Lohn ins Wochenende zu entlassen. Einmal staunten wir über die immensen
Überstunden, deren Summe uns darüber aufklärte, daß hier
ein Mitarbeiter Tag und Nacht für die Firma geschuftet hatte, ohne daß
es irgendeinem aufgefallen wäre. Ein Skandal! Eine genaue Kontrolle durch
unsere Mutter enttarnte das Ganze als ein „Versehen". Ihrem aufmerksamen
Blick entging kaum etwas.
Nach Schulabschluß und dem Besuch der Handelsschule beginnt Junior
Rainer 1966 seine Lehre im väterlichen Betrieb.
Inzwischen sind die verschiedenen Fachbereiche in diesem Metier getrennt,
und so legt Rainer 1970 die Gesellenprüfung für Sanitär ab,
welcher zwei Jahre später die für Heizung folgt. Gemäß
der Devise unserer Familie, ERST DIE AUSBILDUNG, DANN DAS VERGNÜGEN,
drängt Rainer auf die Meisterschule in Düsseldorf; damit er seine
Petra heiraten kann. Noch vor seinem 25. Lebensjahr besteht er die Meisterprüfung
für Sanitär, wiederum zwei Jahre später, 1977, folgt die Meisterprüfung
für Heizungsbau. Der Traum des Seniorchefs hat sich erfüllt.
Mittlerweile hatte die Familie Brökelschen ihr Domizil gewechselt, denn
die Firma war gewachsen und beanspruchte mehr Platz. In der Arnoldstraße
42 bot sich die Lösung an: Ein größeres Haus, eine geräumige
Werkstatt und Platz für den Bau von Garagen für die notwendig anzuschaffenden
Firmenfahrzeuge. 1969 fand der Umzug statt.
Beim 25-jährigen Geschäftsjubiläum 1974, das im Familienkreis
gefeiert wurde, konnte unser Vater, auf die Gründerjahre zurückblickend,
feststellen: Wir haben es geschafft!
Seit 1975 arbeiteten nun zwei Meister im Betrieb; der Alte, der sich auf Bewährtes
stützt und Erfahrung weitervermitteln will, der Junge, der Neues ausprobieren
will und sowieso alles besser weiß.
Bald stehen zwei Schreibtische im Büro, damit man sich nicht ins Gehege
kommt. Es gibt Auseinandersetzungen, auch fruchtbare Diskussionen. Rainer
läßt nicht locker, schult seine Überzeugungskraft, überzeugt
auch durch Erfolg. Und er lernt, wie man einen Handwerksbetrieb leitet.
Als der Seniorchef 1980 erkrankt, kann der Junior den Betrieb nahtlos weiterführen.
Ein Jahr bleibt unserem Vater noch, steht Rainer mit seinem Rat zur Seite,
vor allen Dingen in den schriftlichen Angelegenheiten, dann ist Rainer auf
sich gestellt.
Am 4. Juli 1981 stirbt Wilhelm Brökelschen.
Rainer Willi Brökelschen übernimmt die Firma und gründet mit
der Seniorchefin eine GmbH.
Drei Fragen bewegen unsere Mutter:
- Bleiben die Mitarbeiter?
- Erkennen sie einen Gleichaltrigen als Chef an?
- Vertrauen die Kunden dem Juniorchef?
Viele Jahre führte Rainer erfolgreich die Firma. Er hatte sich bewährt. Sein Vater wäre stolz auf ihn.
2015 wurde die Firma dann in die kompetenten Hände von Carsten Wiegel übergeben. Dieser führt nun die Firma im Sinne seiner Vorgänger.